wilhelmine reichard

geb. Schmidt | 1788-1848

Erste Ballonfahrerin Deutschlands | Freital


Quelle: Wilhelmine Reichard, Lithografie von Adolf Kunike, etwa 1820
Quelle: Wilhelmine Reichard, Lithografie von Adolf Kunike, etwa 1820

Wilhelmine wurde am 2. April 1788 in Braunschweig als drittes von neun Kindern eines herzoglich Braunschweigischen Hofbeamten geboren. 19-jährig heiratete sie den hochbegabten, aber mittellosen Chemiker und Privatlehrer Gottfried Reichard, der von der aufkommenden Ballonfahrt fasziniert war und dessen Leidenschaft zu den „Luftbällen“ sie teilte. Angetrieben von der Vision, durch Ballonfahrten die Errichtung einer eigenen chemischen Fabrik zu finanzieren, gelang dem Paar 1810 Konstruktion und Bau eines Gasballons. Die erste Fahrt unternahm Gottfried Reichard ohne seine Frau. Aber: „Schon bei dem ersten Aufsteigen meines Mannes lag ich ihm an, mich zur Begleiterin zu nehmen.“ Am 16. April 1811, als 23-jährige Frau und Mutter, stieg Wilhelmine Reichard mutig allein als erste deutsche Frau in den Ballon. Von Berlin aus legte sie eine Strecke von rund 30 Kilometern zurück und landete sicher. Ihr zweiter Start folgte am 2. Mai d. J. In Pressemitteilungen und Vorträgen berichtete sie von ihren Luftfahrten. Ballonfahrten waren zur damaligen Zeit eine Attraktion, die zehntausende Besucher/innen anlockten und so konnte das Paar erste Mittel für das eigene chemische Werk erwirtschaften. Als Gottfried Reichard 1811 in Potschappel/Freital in einer Vitriolfabrik Arbeit fand, zog die Familie nach Dresden. Von hier aus erfolgte im gleichen Jahr der dritte Ballonaufstieg Wilhelmines, allerdings unter schlechten Wetterbedingungen. Da eine Ventilklappe nicht funktionierte, konnte sie den rasanten Aufstieg des Ballons nicht durch Gasablassen stoppen und fiel in 7.800 Metern Höhe aufgrund von Sauerstoffmangel in Ohnmacht. Den Absturz am Wachberg bei Saupsdorf überlebte sie verletzt. Der wertvolle Ballon war zerstört, was in den nächsten fünf Jahren weitere Fahrten verhinderte. 1814 wählte die Familie ihren Wohnsitz in Döhlen/Freital, bewusst nahe der Wasserkraft der Weißeritz und dem Steinkohlerevier. Ein Jahr später erhielt das Ehepaar von der sächsischen Landesregierung eine Konzession für ihre „Fabrik technisch- und pharmazeutisch-chemischer Produkte“. Da ihr Geld für den Fabrikbau noch nicht ausreichte, baute das Paar einen zweiten Ballon und startete weitere Fahrten in Deutschland, Österreich, Tschechien und Belgien, zum Teil auch mit Passagieren. Jeder Aufstieg wurde sorgsam vorbereitet und in ein publikumswirksames Festprogramm eingebettet. Bis 1820 unternahm Wilhelmine Reichard 17 Fahrten. Sie eignete sich Kenntnisse über die unteren Luftschichten und deren physische Auswirkungen auf den menschlichen Körper an und dokumentierte exakte Barometer- und Thermometerwerte unter verschiedenen meteorologischen Verhältnissen. Ihre letzte Ballonfahrt fand zum 10. Oktoberfest 1820 in München statt. Da Reichards inzwischen genügend Mittel für den Bau der Fabrik zur Herstellung von Schwefelsäure erwirtschaftet hatten, wurde ein Jahr später die Fabrik errichtet – für Jahrzehnte die einzige und modernste dieser Art in Sachsen. Fortan unterstützte Wilhelmine als Unternehmergattin und versierte Ratgeberin die Entwicklung des Familienunternehmens. Zugleich widmete sie sich ihrer Familie und den acht Kindern. Nach dem Tod des Ehemannes 1844 führte sie die Fabrik vier Jahre weiter und erwarb sich durch ihre fachliche Kompetenz sowie ihr mutiges und zielstrebiges Handeln über die Landesgrenzen hinaus hohes Ansehen. Am 23. Februar 1848 verstarb „Minna“ 60-jährig durch einen Schlaganfall. Sie wurde wie ihr Mann auf dem Friedhof in Döhlen/Freital beigesetzt. Ihre Söhne Dr. phil. August und Gottfried Reichard führten das Familienunternehmen erfolgreich weiter.


Einweihung am 9. September 2021

 

24. Tafel zu Ehren Wilhelmine Reichards in Freital eingeweiht

 

Die Einweihung der Gedenkstele zu Ehren der ersten deutschen Ballonfahrerin Wilhelmine Reichard im Rahmen des Projektes „frauenorte sachsen“ war ein voller Erfolg. Wir freuen uns über so viel Zuspruch und die vielen Interessierten, die gestern mit uns gemeinsam diesen tollen Abend verbracht haben.
Auch der Oberbürgermeister Uwe Rumberg war da sowie Wilhelmine Reichard höchstpersönlich. Nach der Enthüllung der Gedenkstele am Wilhelmine-Reichard-Wohngebiet ging es gemeinsam zum Reichard-Haus, wo ein Abendprogramm mit Chormusik und einer kleinen Reise in die Geschichte von Wilhelmine Reichard folgte. Zum krönenden Abschluss wurde der Wilhelmine Reichard Ballon aufgeblasen.

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