geb. Rosenthal | 1913-1995
jüdische Kinder- und Jugendbuchautorin | Görlitz
Hilde Mirjam Lobe, genannt Mira Lobe, eine der erfolgreichsten Kinder- und Jugendbuchautorinnen Österreichs, wurde am 17. September 1913 in Görlitz geboren. Sie wuchs in einer wohlhabenden, sozialdemokratisch orientierten, jüdischen Familie auf. Ihr Vater, Martin Paul Rosenthal, war Mitbetreiber einer Destillat- und Likörfabrik und leitete den Görlitzer Synagogenchor. Die Mutter, Nanni Berta Elsa Matzdorff, war Mitglied der literarischen Gesellschaft und des Kunstvereins. Die Eltern achteten darauf, dass sie ein Gespür für soziale Gerechtigkeit entwickelte und schickten sie bewusst in eine Volksschule. Bereits in ihrer Kindheit begann Mira, Märchen zu schreiben.
Als sie 14 Jahre alt war, starb der Vater. Ihre Mutter zog zur Großmutter nach Friedeberg am Queis (heute Polen). Mira hingegen kam nach Rabenberg im Erzgebirge und lebte bei der Familie eines Lehrers. Sie trat der Sozialistischen Arbeiter-Jugend bei und wäre dafür fast aus dem Mädchengymnasium ausgeschlossen worden, das sie besuchte. Nach dem Abitur 1933 schrieb sie sich für Journalistik/Publizistik an der Berliner Universität ein. Als Jüdin musste sie ihr Studium jedoch wegen der nationalsozialistischen Hochschulgesetze abbrechen. So begann sie, Maschinenstricken an einer Textil- und Modeschule zu lernen. Sie lernte Hebräisch, um sich damit auf eine Auswanderung nach Palästina vorzubereiten, wohin sie 1936 emigrierte. Dort war sie zunächst als Putzfrau, Hausgehilfin, Maschinenstrickerin und Buchbinderin tätig. 1940 heiratete sie den Schauspieler und Regisseur Friedrich Lobe (eigentlich Löbenstein). 1943, während sie ihr erstes von zwei Kindern erwartete, begann Mira Lobe wieder zu schreiben und Bücher für Kleinkinder zu illustrieren. Ihr Erstling „Insu-Pu“ entstand im Kontext des Nationalsozialismus und des Kriegsgeschehens. Es erzählt, wie Kinder auf dem Weg aus dem Krieg heraus auf einer einsamen Insel stranden und im Frieden beginnen, ein Zusammenleben selbst zu gestalten. Darin finden alle Kinder mit ihren Gaben und Grenzen, Hoffnungen und Möglichkeiten Platz und können frei atmen. Das Buch, das ins Hebräische
übersetzt und 1948 publiziert wurde, fand schnell Beachtung.
Da ihr Mann 1950 ein Engagement am Neuen Theater in der Scala in Wien erhielt, zog die Familie um und Mira Lobe setzte ihre schriftstellerische Tätigkeit dort fort. 1957 folgte sie ihrem Mann nach Ost-Berlin. Heimweh, die sozialistische Ideologie der DDR und damit verbundene Anforderungen an Inhalte von Kinderbüchern erschwerten ihr das Leben und ihre Existenz als Schriftstellerin. Ein Jahr später kehrten Lobes nach Wien zurück. Nach dem Tod ihres Mannes 1958 versorgte Mira Lobe sich und ihre Kinder durch ihr Schreiben.
Mira Lobe setzte sich in ihren Büchern für Außenseiter und ihre Integration ein und ließ darin auch große Sozialtheorien der Gegenwart einfließen. Intention ihres Schreibens war, Kinder und Jugendliche gemeinschaftsfähig zu machen.
Als Mira Lobe am 6. Februar 1995 in Wien starb, hinterließ sie mit über 100 Titeln eines der umfangreichsten Werke der österreichischen Kinder- und Jugendliteratur, wofür sie zahlreiche Preise und Auszeichnungen erhalten hat.
Autorin: Susanne Salzmann
Sechste "frauenorte sachsen"- Gedenktafel steht jetzt in Görlitz
Der Landesfrauenrat Sachsen e.V. hat am 11. Oktober 2017 im Rahmen seines Projektes "frauenorte sachsen" in Görlitz eine Gedenktafel zur jüdischen Kinder- und Jugendbuchautorin Mira Lobe eingeweiht. Sie ist an der Ecke Otto-Müller-Straße/Struvestraße zu finden.
Mira Lobe gilt als bekannteste Kinder- und Jugendbuchautorin in Österreich und wurde in Görlitz geboren. Sie erhielt zahlreiche Preise und Auszeichnungen. Sie lebte von 1913 bis 1995.
Die Tafel befindet sich Ecke Otto-Müller-Straße/Struvestraße in 02826 Görlitz - schräg gegenüber vom Geburtshaus von Mira Lobe.