geb. Bauer | 1894-1985
Handelsschullehrerin und Pionierin der Dreidimensionalen Skoliosebehandlung
Meißen
Katharina Berta Bauer kam am 22. Februar 1894 in Dresden zur Welt. Sie litt unter einer Rückgratverkrümmung, weshalb sie ein therapeutisches Korsett verordnet bekam, das ihren Bewegungsdrang und die starke Sehnsucht vertiefte, gerade zu werden. Ein Gummiball mit einer Delle, die durch Luft herausgedrückt werden konnte, brachte die 16-Jährige auf die zündende Idee, wie sie die schicksalhafte Fehlstellung ihres Rumpfs durch Atmen selbst behandeln könnte. Während sie zwischen zwei Spiegeln ihre Rippen- und Beckenhaltung korrigierte, schickte sie die Luft in die entstehenden „Hohlräume“. Mit äußerster Präzision und Disziplin hatte sie damit solchen Erfolg, dass es an der Rackow’schen Handels- und Sprachschule, wo sie inzwischen als Lehrerin arbeitete, auffiel. Danach gefragt, begann sie, Vorträge über ihre Methode der Dreh-Winkel-Atmung zu halten. Katharina Schroth führte somit als Erste das Prinzip der Haltungsschulung unter Berücksichtigung der Atmung und eines veränderten Körpergefühls in das seinerzeit rein mechanistisch geprägte Verständnis der Physiotherapie ein.
Mit ihrem Ehemann Franz Schroth zog sie 1921 nach Meißen und gründete dort ihr eigenes Institut. Es bestand aus einer Baracke zur Unterbringung der Patient*innen und einer großen Wiese für die Freiübungen auf dem Gartengrundstück der Familie Grundmann am Boselweg. 1924 erschien ihr erstes Buch; weitere Publikationen folgten und machten das kleine „Sanatorium“ bald so bekannt, dass Kranke sogar aus Italien und der Schweiz anreisten. Der Mann und später auch die Tochter Christa (1924– 2015) halfen mit. 1927 legte Katharina Schroth ihr Examen als diplomierte Gymnastiklehrerin ab. Nach 1945 durch Spenden aus dem Ausland unterstützt, arbeitete die Privatanstalt weiter bis zur Verstaatlichung. Die Familie erhielt zur Verbreitung der Methode Anstellungen an der Klinik in Bad Gottleuba/Sachsen.
Von dort flohen Mutter und Tochter 1955 in die Bundesrepublik. 1961 eröffnete Katharina Schroth ein krankengymnastisches Zentrum in Bad Sobernheim/Rheinland-Pfalz, das sich zum staatlich konzessionierten Kurheim entwickelte. Für ihr Lebenswerk 1969 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet, wirkte Katharina Schroth dort weiter und schuf ein inzwischen weltweit bekanntes Fortbildungskonzept für zertifizierte ambulante Physiotherapeut*innen. Die Tochter übernahm Ende der 1960er-Jahre die Leitung der Klinik, die 1983 den Namen der Gründerin erhielt. Unterstützt von ihrem zweiten Ehemann Adalbert entwickelte Christa Lehnert-Schroth die Dreidimensionale Skoliosebehandlung weiter.
Bis zu ihrem Tod am 19. Februar 1985 setzte sich Katharina Schroth mit unermüdlichem Idealismus für die nichtoperative Skoliosetherapie ein. Seit 2018 ist das erzgebirgische Thermalbad Wiesenbad deutsches Kompetenzzentrum für das „Schroth Best Practice“-Programm, benannt nach ihrem Enkel und ehemaligen Chefarzt der Bad Sobernheimer Klinik Dr. Hans-Rudolf Weiß.
Am 27. Oktober 2022 wurde die 31. "frauenorte sachsen"-Tafel zu Ehren von Katharina Schroth eingeweiht.
Das sonnigste Herbstwetter begleitete unsere Tafeleinweihung zu Ehren von Katharina Schroth. Mit kurzen Beiträgen führten Markus Renner, Bürgermeister der Stadt Meißen, Dr. Jessica Bock, stellv. Vorsitzende im LFR Sachsen, Sibylle Kuhne, Schauspielerin und Sprecherin, sowie Dr. Sabine Herchet, Fachärztin für Orthopädie, die Gäste durch das Programm. Unsere 31. frauenorte-Tafel findet Ihr am Wanderparkplatz nahe Boselweg 48 in Meißen - ganz in der Nähe des Boselweg 52, Katharina Schroths Wohn- und Wirkungsstätte.
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