geb. Löwe | 1888-1974
Unternehmerin
Crottendorf
Freya Löwe, Tochter von Oskar Maximilian Löwe und Anna Auguste, geb. Bitterlich, wurde am 27. Dezember 1888 in Crottendorf geboren. Sie heiratete am 2. April 1910 Max Graupner und brachte sieben Kinder zur Welt; nur drei Söhne und eine Tochter erreichten das Erwachsenenalter. Das Wohnhaus der Familie befand sich an der Cranzahler Straße in Crottendorf. Es war nicht einfach, im kargen Erzgebirge eine große Familie zu versorgen und manche Idee zum Gelderwerb wurde aus der Not geboren. So suchte auch Freya Graupner nach einer Möglichkeit, die Familienkasse aufzubessern.
Zunächst arbeitete sie, wie damals viele Frauen in Crottendorf, als Gorlnäherin. Dabei wurden schmale Litzen zu Verzierungen für Kleidungsstücke vernäht. 1918 begann sie in ihrer zehn Quadratmeter großen Küche mit der Herstellung von Räucherkerzen in Handarbeit. Die verwendeten Mengen an Holzkohle, Kartoffelmehl, Sandelholz, Weihrauch und anderen Zutaten schrieb Freya Graupner gewissenhaft auf. Aus dieser Rohmasse wurden kleine Kegel geformt, getrocknet und schließlich verpackt. Die Kinder Martha, Paul, Max und Gerhard mussten ihre Mutter dabei tatkräftig unterstützen. Die fertigen Räucherkerzen, ohne die Weihnachten im Erzgebirge nicht denkbar war, wurden mittels Bauchladen oder Tragkorb von Haus zu Haus verkauft oder auf die Märkte der umliegenden Städte und Dörfer gebracht. Am 2. November 1936 wagte Freya Graupner – damals sehr ungewöhnlich für eine Frau – den nächsten Schritt und stellte einen Gewerbeantrag zur Herstellung von Räucherkerzen. Ihr Ehemann gab dafür seine benötigte Zustimmung. Nach wie vor diente die Küche als Produktionsraum. Freya Graupner führte ihre Firma zielstrebig durch die folgenden schweren Zeiten.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurde Sohn Gerhard als vermisst gemeldet und Paul kehrte schwer verwundet heim. Trotz allem verlor sie in der folgenden Zeit ihren Mut nicht und war stets hilfsbereit gegenüber ihren Mitmenschen. Ihre Angestellten, darunter die Handlungsreisenden, wurden weiterhin gut bezahlt, auch wenn dafür in den Sommermonaten ein Kredit aufgenommen werden musste – immer in der Hoffnung, dass sich die Jahresproduktion in der Weihnachtszeit gut verkaufen ließe und alle Schulden beglichen werden konnten. Freya Graupner ließ sich durch Rückschläge (es gab mehrmals Brände im Laufe der Firmengeschichte) nicht entmutigen. Zuversichtlich, von ihrer Geschäftsidee überzeugt und sich der Verantwortung für ihre Mitarbeiter bewusst, ging sie ihren Weg weiter.
Erst 1955 wurde neben dem Wohnhaus ein Schuppen erbaut und als Betrieb eingeweiht. Inzwischen leitete Sohn Max die Firma. Der Rat der Mutter und ihre unternehmerischen Ideen waren nach wie vor gefragt. Vier Jahre später musste Freya Graupner im Zuge der Teil-Verstaatlichung vieler Privatbetriebe der DDR ihre Eigenständigkeit ein Stück weit aufgeben und ihren Betrieb unter dem Firmennamen „Freya Graupner & Co KG, Betrieb mit staatlicher Beteiligung“ weiterführen.
1972 wurde die Firma endgültig enteignet und trug nun als sogenannter Volkseigener Betrieb den Namen „VEB Räucherartikel“. Erst im Jahr 1990 konnte ihre Urenkelin Maritta die Firma als „Crottendorfer Räucherkerzen GmbH“ wieder reprivatisieren. Leider hat Freya Graupner das nicht mehr erleben dürfen. Am 16. April 1974 starb Freya Graupner – eine warmherzige und bescheidene Frau, eine zielstrebige und pflichtbewusste Unternehmerin. Ihre handschriftlichen Rezepturen blieben erhalten und legten den Grundstock für ein heute international bekanntes Unternehmen.
Autorin: Monika Tietze
Frauenorte-Tafel zu Ehren Freya Graupners am 4. Oktober 2021 in Crottendorf eingeweiht.
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