Chemnitzer Aktienspinnerei (Quelle: Stadtarchiv Chemnitz)
Ernestine Minna Reinitz wurde am 4. November 1845 in Chemnitz geboren. Über ihre Kindheit und Jugend ist nichts bekannt. Sie heiratete 1875 den Maurer Louis Simon, von dem sie sich 1883 wieder
scheiden ließ.
Ende der 1870er Jahre hielt sie sich in Augsburg, Nürnberg, München und Dresden auf, wo sie sich vielfältige Einblicke in die Lebensverhältnisse von Arbeiter/innen und deren Arbeitsbedingungen in
Fabriken verschaffen konnte.
1883 kehrte sie nach Chemnitz zurück. Zu dieser Zeit beschäftigte die Aktienspinnerei ungefähr 700 Frauen und 300 Männer.
Besonders die Frauen hatten unter den schlechten Arbeitsbedingungen zu leiden. Sie erhielten beispielsweise nur halb so viel Lohn wie ihre Kollegen und waren zusätzlich zu ihrem zwölfstündigen Arbeitstag für ihre Kinder und den Haushalt verantwortlich.
Als im Zuge der Firmensanierung der neue Fabrikdirektor die Rechte der Arbeiter/innen noch weiter einschränkte, traten die Beschäftigten am 7. Juni 1883 in den Streik. Zwei Tage später wurde
Ernestine Minna Simon als Streikführerin in das Streikkomitee gewählt. Neben ihr gehörten sieben weitere Frauen, darunter Amalie Kutschke und Louise Bauer, dem Komitee an. Ernestine Minna Simon
trug die Forderungen der Streikenden vor, sprach öffentlich auf den Streikvollversammlungen und sammelte Spenden für die Familien der streikenden Arbeiter/innen.
Am 27. Juni 1883 fand einer der größten deutschen Textilarbeiter/innenstreiks sein Ende. Zum einen gelang es nicht, genug Geld für die in Not geratenen Familien einzusammeln, so dass sich viele
Arbeiter/innen gezwungen sahen, wieder an die Spindel zurückzukehren. Zum anderen stimmte der Aufsichtsrat der Aktienspinnerei dem Großteil der Forderungen zu. Ernestine Minna Simon verließ
daraufhin Chemnitz und ging nach Dresden. Dort verliert sich ihre Spur.
Ernestine Minna Simon gilt als erste Frau, die sich als couragierte Streikführerin erfolgreich für eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen von Fabrikarbeiter/innen in der Chemnitzer
Aktienspinnerei einsetzte.
Autorin: Jessica Bock
Erste „frauenort sachsen“-Tafel in Chemnitz eingeweiht
Sachsen hat einen ersten frauenort. Er wurde am 25. Oktober 2016 vom Landesfrauenrat Sachsen e. V. feierlich eingeweiht. Mit der ersten Gedenktafel im Eingangsbereich der Universitätsbibliothek Chemnitz, Straße der Nationen 33 in 09111 Chemnitz (ehem. Aktienspinnerei) wird über die Streikführerin Ernestine Minna Simon (geb. 1845) informiert.
Sie gilt als erste Frau, die einem größeren Streik vorstand. Als couragierte Streikführerin setzte sie sich erfolgreich für eine Verbesserung der Arbeits- und Lebensbedingungen der Arbeiter/innen in der Chemnitzer Aktienspinnerei ein.
Die Tafel befindet sich im Eingangsbereich der Universitätsbibliothek Chemnitz auf der Straße der Nationen 33 in 09111 Chemnitz.
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