geb. Röth, 1885-1966
Malerin und Textilkünstlerin
Ehrenfriedersdorf
Elisabeth Ahnert gehört trotz ihrer Bedeutung zu den wenig bekannten deutschen Malerinnen des 20. Jahrhunderts, die eine originäre Handschrift entwickelten. Kunstwissenschaftler*innen stellen sie heute in eine Reihe mit Paula Modersohn-Becker, Käthe Kollwitz und Gabriele Münter. Eigenständig und abseits der betriebsamen Öffentlichkeit schuf sie ihr poetisches Œuvre, ein Lob der Einfachheit. Ihr Universum besteht aus kleinen reizvollen, individuellen Stücken, darunter vorrangig Aquarelle, aber auch Zeichnungen, Radierungen und Grafiken sowie Stickereien und Collagen.
Die Eltern, der Chemnitzer Tapetenhändler Friedrich August Röth und seine Frau Marie Röth, geb. Schuster, ließen ihr schon früh Zeichenunterricht bei Martha Schrag angedeihen und ermöglichten ihr 1908 das Studium in Dresden. Weil die Kunstakademie regulär nur Männer aufnahm, besuchte Elisabeth Röth als eine der ersten Frauen die Kunstgewerbeschule unter Margarete Junge, Carl Rade und Max Frey. In der Aufbruchstimmung der Moderne knüpfte sie Kontakte zu Paula Lauenstein und Paul Wilhelm; zu ihrem Freundeskreis gehörten Hans Jüchser und Karl Kröner. Nach Studienabschluss 1912 machte sie sich selbstständig und heiratete den gleichaltrigen Kommilitonen Arthur Ahnert. Er malte hauptsächlich Landschaften. 1921 verbeamtet als Oberrealschullehrer, wurde er noch Studienrat, bevor er bereits 1927 starb.
Der Dresdner Galerist Heinrich Kühl entdeckte die auf den ersten Blick naiv anmutenden Werke Elisabeth Ahnerts 1925. Sie bevorzugte Blumensujets und Genrestillleben, malte auch Mädchen und Landschaften, stets fein durchdachte Kompositionen, die von französischer Malerei inspiriert scheinen. Bewusst blieb sie unpolitisch, gegenständlich und liebte die zeitlose, ästhetische Harmonie: „Intim und süß möchte ich alles haben, aber keinen Kitsch. Leichtigkeit, freie Formen, die sich einfügen.“ Seit 1937 förderte der einflussreiche Kunsthändler Kühl sie kontinuierlich.
1938 unternahm Elisabeth Ahnert eine Studienreise nach Italien, genoss mit dem Maler Theodor Rosenhauer, einem Schüler ihres Mannes, die Inspiration der „Ewigen Stadt“ vor Ausbruch des Weltkriegs. „Wie sorglos waren wir da noch“, schrieb sie ins Tagebuch. Bereits 1945 beteiligte sie sich an der Ausstellung „Freie Künstler. Ausstellung Nr. 1“ in der Dresdner Kunstakademie.
Im selben Jahr zog sie zu ihrer Familie nach Ehrenfriedersdorf, wo sie in der Annaberger Straße 33 bis zu ihrem Tod lebte. Angeregt durch die enge Freundschaft mit dem Künstler Albert Wigand schuf sie in konzentrierter Stille ihr Hauptwerk, darunter farbenfrohe Textilapplikationen. Obgleich sie als Außenseiterin der DDR-Kunstszene galt und dem sozialistischen Realismus nicht folgte, beteiligte sie sich weiter an zahlreichen Ausstellungen, hatte treue Sammler*innen und bestritt ihren Unterhalt von der Kunst. Ihre Werke befinden sich in städtischen und staatlichen Sammlungen Sachsens und Thüringens, in Privathand sowie in der St. Petersburger Eremitage.
Ein Wanderpfad mit Stele am Parkplatz Albin-Langer-Weg führt zu Ahnerts beliebten Motiven rund um Ehrenfriedersdorf, darunter der Sauberg. Die erste Straßenbenennung nach einer Frau in der Bergstadt befindet sich im neuen Wohngebiet an der Greifensteiner Straße und würdigt seit 2023 diese bescheidene, aber große Künstlerin.
41. Frauenort am 26. Oktober 2024 in Ehrenfriedersdorf eingeweiht.