1859-1943 | Erste deutsche promovierte Philologin & Wegbereiterin
für das Frauenstudium in Deutschland | Leipzig
Katharina Charlotte Friederike Auguste Windscheid wurde am 28. August 1859 in München als erstes Kind von Charlotte, geb. Pochhammer, und Prof. Dr. jur. Bernhard Windscheid geboren. Nach Besuch höherer Töchterschulen in München, Heidelberg und Leipzig, der Vertiefung ihrer Sprachkenntnisse in England und Frankreich sowie Kursen am Lehrerinnenseminar des Victoria-Lyzeums Berlin, legte sie 1882 das Sprachlehrerin-Examen für Französisch und Englisch ab. Ab 1885 studierte sie in London, wo Frauen seit den 1870er Jahren zum Studium zugelassen waren, englische Literatur. Neben der Arbeit an der Teichmann'schen Lehr- und Erziehungsanstalt in Leipzig war sie Gasthörerin von Philologie-Vorlesungen an der Universität Leipzig. 1887 bestand sie das deutsche Lehrerinnen-Examen am Lehrerinnenseminar in Dresden.
Käthe Windscheids Hauptwirkungsort war Leipzig. Die Ziele des von hier aus seit 1865 agierenden Allgemeinen Deutschen Frauenvereins
(ADF) – gleichberechtigter Zugang der Frauen zu Bildung, Studium und Erwerbsarbeit – waren auch die ihren. Sie wurde Mitglied und 1892 in den Vorstand gewählt. 1888 war sie Gründungs- und Vorstandsmitglied des Leipziger Lehrerinnen-Vereins, 1892 Mitbegründerin des Frauengewerbe-Vereins, ab 1902 im Leipziger Verein der Kinderfreunde tätig. Dieses umfassende Vereinsengagement leistete sie ehrenamtlich.
1894 erwarb Käthe Windscheid mit der Dissertation „Die englische Hirtendichtung von 1579–1625“ an der Universität Heidelberg den philosophischen Doktorgrad. Ihre Zulassung als Frau zur Promotion wurde möglich durch die Fürsprache ihres Vaters, denn ein Frauenstudium war an deutschen Universitäten damals nicht vorgesehen. Ab 1871 durften Frauen in Sachsen mit Erlaubnis der Professoren zwar Vorlesungen hören, aber keinen wissenschaftlichen Grad erlangen. Ende des 19. Jahrhunderts gab es dementsprechend für Mädchen keine Möglichkeit, als Grundlage eines Studiums das Abitur abzulegen.
Abhilfe schufen erste private Gymnasialkurse für Mädchen ab 1893 in Karlsruhe und Berlin. 1894 folgten die ADF-Gymnasialkurse für Mädchen in Leipzig, deren Leitung die erste deutsche promovierte Philologin Dr. Windscheid übernahm. Von 1901 bis 1905 fanden sie am Dorotheenplatz 2 statt. Bis 1914 führte sie 197 Mädchen zum Abitur und 1906 waren unter den ersten 27 Studentinnen der Universität Leipzig neun ADF-Abiturientinnen. Als dann 1910 in Sachsen öffentliche Abiturstufen für Mädchen eingeführt wurden, wollte die Stadt Leipzig die bewährten Kurse übernehmen, aber unter männliche Leitung stellen, was für den Frauenverein unannehmbar war. Nach der Auflösung der letzten Kurse 1914 unterrichtete Dr. Käthe Windscheid bis 1924 als Oberlehrerin, später als Studienrätin an der I. Höheren Mädchenschule.
Ihre Dissertation und einige ihrer Schriften sind in der Universitätsbibliothek Leipzig und in der Deutschen Nationalbibliothek einsehbar. Am 11. März 1943 starb Dr. Käthe Windscheid in Leipzig.
Autorin: Gerlinde Kämmerer
Einweihung am 28. August 2018 in Leipzig
Neunte "frauenorte sachsen"-Tafel in Leipzig errichtet
Am 28. August 2018 hat der Landesfrauenrat Sachsen e.V. seine neunte Gedenktafel im Rahmen des Projektes "frauenorte sachsen" aufgestellt. Diese wurde zu Ehren von Dr. phil. Käthe Windscheid am Dorotheenplatz 2 in Leipzig errichtet.
Dort erinnert sie an die Lehrtätigkeit der ersten deutschen promovierten Philologin und Wegbereiterin für das Frauenstudium in Deutschland, die an diesem Ort stattfand. Dr. Käthe Windscheid verhalf zahlreichen Mädchen zum Abitur und somit auch zum Studium.
Die Tafel befindet sich am Dorotheenplatz 2 in 04109 Leipzig, wo früher die Schule stand, an der Dr. Käthe Windscheid gelehrt hat.