Clara Angermann

verh. Nollain | 1754 - nach 1809

Begründerin der Tambourstickerei in Eibenstock

Eibenstock


Bild: Mona Ragy Enayat
Bild: Mona Ragy Enayat

Clara Angermann wurde im Jahr 1754 als Tochter eines kurfürstlich-sächsischen Oberforstmeisters im polnischen Białystok geboren. Nach dem Tod ihrer Eltern wuchs die damals Zehnjährige bis zum Erreichen der Volljährigkeit in einem Kloster bei Thorn (heute: Torun in Polen) auf. Dort erlernte sie unter anderem die Tambourstickerei, eine e ektvolle und gleichwohl schnell ausführbare Sticktechnik mittels Häkelnadel. 1775 zog Clara Angermann nach Eibenstock zu ihrem Onkel, dem Förster Angermann. Durch den zu dieser Zeit bereits stark im Rückgang begriffenen Bergbau herrschte in Eibenstock große Not und Armut. Clara Angermann gab während ihres fünfjährigen Aufenthalts in der Stadt ihre im Kloster erlernten Fertigkeiten des Tambourierens, sowie der Perl-, Seiden-, Flitter- und Buntstickerei an zahlreiche Eibenstocker Frauen und Mädchen weiter. Für die völlig verarmte Bevölkerung wurde die Stickerei ein rettender Erwerbszweig, welcher sich in der Folgezeit zu einem wichtigen Wirtscha sfaktor Eibenstocks entwickelte, da diese Produkte national und international erfolgreich vertrieben wurden.

 

Clara Angermann heiratete im Jahr 1780 in der Kreuzkirche zu Dresden den Förster Johann Christoph Nollain. Mit ihm zog sie später nach Wermsdorf bei Oschatz, wohin er als Hofjäger versetzt wurde. Clara Angermann gebar in ihrer Ehe zehn Kinder. Nach dem Tod ihres Ehemanns im Jahr 1809 zog sie zu einer Tochter nach Dresden, wo sie vermutlich auch starb.

 

In Eibenstock aber entwickelte sich im Laufe des 19. Jahrhunderts aus dem bescheidenen heimischen Gewerbe der Tambourstickerei eine blühende Stickereiindustrie, welche der Stadt Wohlstand und Weltbekanntheit einbrachte. Die von den Frauen gefertigten Waren wurden zunächst durch ihre hausierenden Männer und ortsansässige Handelshäuser vermarktet. In den folgenden Jahrzehnten erfasste der neue Erwerbszweig das gesamte westliche Erzgebirge und das angrenzende Vogtland. Ab 1858 löste der Einsatz von Stickmaschinen schrittweise die Handarbeit ab. Die Zahl der Stickereibetriebe in Eibenstock wuchs von sechs im Jahr 1850 auf 57 im Jahr 1914. Nach der Teilnahme Eibenstocker Stickereiunternehmen an der Weltausstellung 1893 in Chicago wurden um 1900 bereits weite Teile des Weltmarkts mit Waren aus Eibenstock beliefert. Zwischen 1891 und 1908 unterhielten die USA zur Pflege der Geschä sbeziehungen sogar ein Konsulat in Eibenstock. Mit dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs brach der gesamte Weltmarkt für die Eibenstocker Erzeugnisse dauerhaft weg. Den Niedergang der Stickereiindustrie überstanden einige kleinere Betriebe, die nach dem Zweiten Weltkrieg zunächst zu Produktionsgenossenschaften und schließlich 1972 zu den Volkseigenen Betrieben (VEB) „Sticktex“ und „Buntstickerei“ zusammengeschlossen wurden. Gegenwärtig existieren in Eibenstock noch zwei Stickereibetriebe.

 

Clara Angermann wurde durch ihre Hilfsbereitschaft zur Wohltäterin von Eibenstock, da sie den Frauen und Mädchen der Stadt in Notzeiten eine neue Erwerbsgrundlage vermittelte. Diese legte den Grundstein für einen Industriezweig, der in der Blütezeit zu Beginn des 20. Jahrhunderts Weltbekanntheit erreichte und bis heute in Eibenstock ansässig ist.

 

Autor: Christoph Schwab


Am 22. September 2022 wurde die 28. Frauenorte-Tafel zu Ehren Clara Angermanns in Eibenstock eingeweiht.

 

Nach der Tafeleinweihung durch unsere stellv. Vorsitzende Dr. Jessica Bock, den Eibenstocker Oberbürgermeister Uwe Staab und dem Autor des Tafeltextes, Christoph Schwab, gab es eine exklusive Führung von Antina Richter durch das Museum "Schatzhaus Erzgebirge" und eine kleine Einführung in die Kunst der Tambourstickerei.

 

Die Tafel steht direkt am Museum Schatzhaus Erzgebirge, Bürgermeister-Hesse-Str. 7 in 08309 Eibenstock.


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