Brigitte Reimann

1933-1973 | Schriftstellerin

Hoyerswerda


Foto: Literaturzentrum Neubrandenburg
Foto: Literaturzentrum Neubrandenburg

„Ich lebe ein Scheinleben, und ich weiß nicht, wann ich wahrhaftig ich selbst bin, am Schreibtisch oder sonst. Ich frage mich, ob all meine Kraft und meinen Mut die auf einem Blatt Papier geschaffenen Menschen fressen, oder ob ich gar keine Kraft und keinen Mut habe und sie gerade deshalb meinen Gestalten gebe, schöne und gute Eigenschaften, deren ich selbst nicht fähig bin.“

 

Brigitte Reimann, Hoyerswerda, am 23.07.1962

 

Brigitte Reimann, geboren am 21. Juli 1933, wuchs als älteste von vier Geschwistern in Burg bei Magdeburg auf. Im Alter von 14 Jahren erkrankte sie an Kinderlähmung und musste ein Jahr in Krankenbetten zubringen. In dieser Zeit las sie die Bücher der Weltliteratur der elterlichen Bibliothek und beschloss Schriftstellerin zu werden. Während dieser Zeit war sie bereits Mitglied im ‚Zirkel schreibender Arbeiter im Schriftstellerverband Magdeburg‘. 1956 wurde sie Mitglied im ‚Deutschen Schriftstellerverband‘.

 

1960 zog Brigitte Reimann nach Hoyerswerda und lebte dort bis 1968. Während dieser Zeit nahm ihre Laufbahn als Schriftstellerin an Fahrt auf. Nach ersten literarischen Gehversuchen mit den Erzählungen „Die Denunziantin“ (1953) und „Die Frau am Pranger“ (1956), feierte Brigitte Reimann mit „Ankunft im Alltag“ 1961 ihren ersten großen Erfolg. Akribisch genau beschreibt die Autorin den Alltag von drei Abiturienten, die in einer Schlosserbrigade im Kraftwerk Schwarze Pumpe ein praktisches Jahr leisten, und die Unterkunft in Wohnbaracken. Das Buch wurde zum Namensgeber der Ankunftsliteratur in der DDR. Für ihre 1963 erschienene Erzählung „Die Geschwister“, über das konfliktgeladene Leben von Bruder und Schwester im geteilten Deutschland, erhielt Brigitte Reimann 1965 den Heinrich-Mann-Preis.

 

1968 zog Brigitte Reimann nach Neubrandenburg, wo sie ihre Arbeit an ihrem bekanntesten und bedeutendsten Roman „Franziska Linkerhand“ fortsetzte. Darin lässt sie die junge Architektin Franziska Linkerhand den eingefahrenen Alltag eines Aufbaustabes in einer Stadt, die ihre Häuser in Plattenbauweise errichtet, aufmischen. Die Romanheldin kritisierte das Fehlen von Atmosphäre und Intimität und forderte Kulturstätten und Freizeiträume für Jugendliche mit „Hunger auf Leben“, denn Wohnkomfort allein genügt nicht. Bis in ihre letzten Lebenstage schrieb und korrigierte sie an diesem Roman. Brigitte Reimann starb am 20. Februar 1973 im Alter von nur 39 Jahren an Krebs in Berlin-Buch. Ihr Grab befindet sich auf dem Ostfriedhof in Burg. Unvollendet und zensiert erschien „Franziska Linkerhand“ 1974 in der DDR und wurde 1981 unter dem Titel „Unser kurzes Leben“ verfilmt.

 

Die unzensierte und vollständige Fassung von „Franziska Linkerhand“ erschien erst 1998. Zeitgleich eröffneten ihre publizierten Tagebücher ein lebensnahes Bild des DDR-Alltags der 1950er und -60er Jahre. Ebenso wurden Brigitte Reimanns umfangreiche Briewechsel u.a. mit Christa Wolf, Günter de Bruyn, Siegfried Pietschmann, Hermann Henselmann und Irmgard Weinhofen in mehreren Editionen veröffentlicht und untermauern ihren Status als genaue Beobachterin der Gesellschaft im Realsozialismus und als eine der wichtigsten Autorin der DDR.

 

Autorinnen: Christine Neudeck & Angela Potowski

 


35. Frauenorte-Tafel in Hoyerswerda zu Ehren der DDR-Schriftstellerin Brigitte Reimann eingeweiht.

 

Die Veranstaltung war in die Brigitte-Reimann-Woche der Stadtbibliothek eingebettet und von verschiedenen Redebeiträgen des Bürgermeisters, Mirko Pink, der Gleichstellungsbeauftragten der Stadt Hoyerswerda, Korina Jenßen, der Bibliotheksleiterin, Maja Kos, und dem Brigitte-Reimann-Freundeskreis, vertreten durch Christine Neudeck und Angela Potowski, begleitet.

 

Die Tafel hängt an der Brigitte-Reimann-Stadtbibliothek, Dietrich-Bonhoeffer-Str. 6/7 in 02977 Hoyerswerda.

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